Sonntag, 20. April 2014

Unemployment? Impossible!

Dass die Arbeitsmoral wohl in Japan erfunden wurde, ist euch allen sicher nicht fremd.
Aber wie sieht es nun wirklich aus mit der japanischen Arbeitswelt?
Sofern ich das mitbekommen habe, ist Arbeitslosigkeit in Japan ein Ding der Unmöglichkeit.

Ich hatte bereits im Flugzeug so einige Bedenken bezüglich dem Zurechtkommen am Flughafen, aber was wäre Japan ohne seine freundlichen Arbeiter, die einem lächelnd und nickend den richtigen Weg zeigen.
Soweit ich das beobachten konnte, waren die netten Herren mit Anzug und weißen Handschuhen wirklich nur dazu da, um den Touristen, und natürlich auch den Japanern, den richtigen Weg zu zeigen.
An der Schlange, die sich hinter dem Alien Immigration Schalter (bin ich die Einzige, die diese Bezeichnung doof findet?) bildete, stand eine Dame, die sicher stellte, dass auch jeder Tourist sein Einreiseformular und seinen Reisepass in Händen hielt, um keine Verzögerungen zu verursachen.
Mitten im Flughafen stand auch eine junge Frau mit einer Mappe in ihrer Hand, die jedem freundlich zulächelte.
In ihrer Mappe befanden sich diverse Pläne aller Stockwerke des Flughafens - ihr Job war es also, den Leuten anhand von Karten den richtigen Weg zu zeigen.

Auf guten Service trifft man in Tokyo sogar bei McDonald's, es gibt in jeder Filiale Mitarbeiter, die einem den Abfall förmlich aus den Händen reißen, um ihn dann vorschriftsgemäß zu trennen.
Ich als unwissender Gaijin wollte das natürlich selbst erledigen, doch bereits als ich mich den Mülleimern näherte, nahm mir ein Angestellter lächelnd das Tablett aus der Hand und verbeugte sich.
Ja, ihr lieben McDonald's Filialleiter in Österreich, da könnt ihr euch eine seeehr dicke Scheibe abschneiden!

Am lustigsten fand ich jedoch die Straßenarbeiter.
Wenn zwei Japaner arbeiten, steht ein dritter daneben, um die Arbeit der anderen zu beaufsichtigen.
Außerdem gibt es dann noch die netten Herren mit Uniform und Helm, die den Verkehr vor einer Baustelle mit einer Art Lichtschwert à la Star Wars regeln, völlig egal ob Autos unterwegs sind oder nicht - die Disziplin lässt wieder einmal grüßen.

In manchen U-Bahn Stationen (z.B. Asakusa) konnte ich ein sehr amüsantes Schauspiel beobachten.
Da gab es doch tatsächlich uniformierte Tokyo Metro Angestellte, die mit einem knüppelartigen Ding eine Art Balztanz aufgeführt haben.
Ich dachte zuerst, dass sie sich gegenseitig Zeichen geben, wenn ein Zug einfährt oder den Bahnhof verlässt, jedoch "tanzten" sie völlig unabhängig von den Abfahrts- und Ankunftszeiten.
Es ist wirklich schwer, den genauen Ablauf ihrer Bewegungen zu beschreiben, aber von Bücken bis um die eigene Achse drehen war alles dabei.
Falls ich im Mai wieder solche Mitarbeiter entdecke, werde ich natürlich sofort ein Video für euch machen.
Da ich gerade beim Thema Tokyo Metro bin - es sind auch in vielen Stationen uniformierte Herren zu sehen, die die vorbeilaufenden Personen zählen.
Ob das jedoch deren einzige Aufgabe ist, weiß ich leider nicht.

Wenn man in Tokyo durch die belebteren Gegenden spaziert, wird man förmlich dazu gezwungen, etwas zu kaufen.
Vor jedem größeren Laden stehen (hauptsächlich) junge Mädchen, die einen mit Megafon bewaffnet auf die super Angebote hinweisen, die es genau heute zufällig gibt!

Generell ist mir aufgefallen, dass in Tokyo sehr viele Leute eine Uniform tragen.
Zuhause habe ich mich dann genauer mit diesem Thema befasst und herausgefunden, dass die Uniformen den Leuten Zugehörigkeit vermitteln sollen - man arbeitet also nicht für sich und seinen Lebensunterhalt, sondern für eine Firma, eine Gemeinschaft.
Angestellte verzichten aus Loyalität zur Firma und den Kollegen auch in vielen Fällen auf ihren Jahresurlaub - in Europa unvorstellbar.
Der Durchschnittsjapaner arbeitet jährlich außerdem ca. 400 Stunden mehr als ein durchschnittlicher Deutscher.

Laut Wikipedia liegt die Arbeitslosenquote in Japan bei 4%, was nahezu Vollbeschäftigung bedeutet.
Die Leute wollen dort einfach arbeiten, die Motivation für die Arbeit gehört genauso zur japanischen Kultur wie die Teezeremonie.
Wie wir bestimmt alle wissen, gibt es in Japan doppelt so viele Suizide als in Deutschland, die meisten Leute bringen sich aufgrund von zu viel Stress in der Arbeit um.
Karoshi (Tod durch Überarbeitung) kommt in Japan leider auch sehr häufig vor, es gibt sogar 40 japanische Kliniken, die sich auf Patienten mit Anzeichen dieser "Krankheit" spezialisiert haben.
Der Tod tritt in den meisten Fällen als Folge eines Herzinfarktes oder eines Schlaganfalles ein, ausgelöst durch Stress.
Ich finde es tragisch, dass es dafür überhaupt ein eigenes Wort gibt...



1 Kommentar:

  1. Die Japaner wollen nicht nur arbeiten, da es kein anständiges Sozialsystem gibt, muss man einfach auch - Langzeitarbeitslosigkeit ist nicht drin, wenn man nur für drei bis sechs Monate Arbeitslosengeld bekommt. Dann nimmt man eben noch mal einen langweiligen und nicht gut bezahlten Job an, statt der Familie zur Last zur werden oder oder auf der Straße zu sitzen.

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