Mittwoch, 17. September 2014

Aberglaube

Dass die Japaner ein sehr abergläubisches Volk sind, dürften einige von euch bereits wissen. Viele japanische Horrorfilme lassen uns Europäer eher kalt - das liegt daran, dass wir viele Symbole nicht deuten können, die für Japaner furchteinflößend sind. Der japanische Aberglaube mag für uns vielleicht sogar lächerlich wirken, die Japaner nehmen die Dinge aber sehr ernst! Ich habe hier ein paar Beispiele für euch :)

Kindernamen & Geister
Japanische Kinder werden meistens nicht bei ihrem wirklichen Namen gerufen - diese werden abgewandelt, da man glaubt, dass sonst böse Geister die Kinder krank machen oder verzaubern könnten. Dieser Aberglaube stammt aus einer lange vergangenen Zeit, und die meisten Japaner wissen wahrscheinlich nicht einmal, warum sie die Namen ihrer Kinder ändern.

Leichenwagen
Wenn einem in Japan ein Leichenwagen begegnet, sollte man seine Daumen hinter dem Rücken verstecken. Warum? Na weil man sonst den Tod seiner Eltern heraufbeschwört! Auf Japanisch wird der Daumen nämlich "Elternfinger" genannt, und wenn man diesen nicht versteckt, so heißt es, soll man die eigenen Eltern bald zu Grabe tragen. Falls ihr euch fragt, wie man einen solchen Wagen erkennen kann, hier ein Bild, das ich bei Google gefunden habe.

http://www.kanekosikiten.co.jp/funeral_plan/car/

Tetraphobie
Ja, es existiert tatsächlich ein Fachterminus...
In Japan wird es vermieden, die Zahl "vier" zu verwenden. Das heißt, dass man als Gastgeschenk lieber drei oder fünf Flaschen Wein mitbringt, als vier - ihr versteht was ich meine? Zudem wird man in Japan eher nicht auf eine vierte Etage treffen, da das japanische Wort für "vier" (jap. = shi) auch "Tod" bedeutet. In Krankenhäusern verzichtet man außerdem meist auf einen neunten Stock, da die japanische Zahl "neun" (jap. = kyu) an das Wort "leiden" erinnert.

Die vier Himmelsrichtungen
Ganz wichtig ist es in Japan, sein Bett NICHT nach Norden auszurichten, da in diese Richtung nur Leichen gelegt werden. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Hatsuyume 初夢
Hatsuyume bedeutet im Deutschen "erster Traum". Wie der Name schon sagt, bezieht sich dieser Aberglaube auf den ersten Traum im Jahr, welcher vorhersagen soll, was einen im neuen Jahr erwartet. Angeblich soll es Glück bringen, zuerst vom heiligen Berg Fuji, danach von einem Falken und dann von einer Aubergine zu träumen. Woher dieser Aberglaube kommt, kann ich euch leider nicht verraten, jedoch besteht er seit der Edo Zeit. Als ersten Traum des Jahres kann man übrigens nur den Traum in der Nacht vom 1. auf den 2. Januar zählen.

Nägel schneiden
Besonders dieser Aberglaube lässt mich schmunzeln. In Japan heißt es nämlich, dass man nicht beim Tod seiner Eltern dabei ist, wenn man sich nachts die Nägel schneidet. Warum die Japaner daran glauben, konnte ich einfach nicht herausfinden. Aber irgendwie fällt auf, dass sie wohl große Verlustängste im Bezug auf ihre Eltern haben, findet ihr nicht?


Montag, 8. September 2014

Begegnungen

In diesem Post möchte ich über die ein oder andere Begegnung schreiben, die ich in Tokyo hatte. Einige davon habe ich bereits in meinem Reisebericht erwähnt, aber ich wollte das ganze noch einmal zusammenfassen.

Begegnung #1
Wir stehen in der Ginza Line und ich will mich setzen, aber es ist ziemlich eng. Eine alte Frau (mindestens schon 100 Jahre alt) rutscht zur Seite und sagt "prrrease, sit!" Also setze ich mich neben sie und bedanke mich auf Japanisch. Sie ist total begeistert und fängt an, mich auf Englisch auszufragen, was ich in Japan mache, ob es mir gefällt, und wo ich herkomme. Auf meine Antwort "Ostoria" ist sie völlig aus dem Häuschen und erzählt mir, dass sie nächstes Jahr in Salzburg Urlaub machen wird - daraufhin sage ich, dass ich zufälligerweise sogar aus Salzburg komme, und sie hört nun gar nicht mehr auf, sich mit mir zu unterhalten (auf Englisch wohlgemerkt). Als wir aussteigen müssen, wünsche ich ihr vorweg schon eine schöne Reise nach Österreich und sie bittet mich, bald wieder nach Japan zu kommen, because "so beautiful country". Danach formt sie ihre Finger zu einem Peace Zeichen und ruft mir "have a nice day baby!!!" hinterher.
Tag gerettet, thank you, old lady.

Begegnung #2
Während des Sanja Matsuri laufen mein Freund, Reina und ich durch Asakusa, bis mir plötzlich ein älterer japanischer Herr vorsichtig auf die Schulter klopft, und mich bis über beide Ohren angrinst. Mit seiner Kamera in der Hand verbeugt er sich und versucht mich auf Japanisch zu fragen, ob er wohl mein Geisha Tattoo am Oberarm fotografieren könne - zu 100% verstehe ich ihn aber erst, als er sich an Reina wendet und diese als Dolmetscherin fungiert. Nachdem ich ihn ein paar Fotos machen lasse verbeugt er sich mehrmals und wir ziehen von dannen, bis er etwa zehn Minuten später wieder hinter uns steht, offensichtlich total aus der Puste und froh, uns gefunden zu haben. Er hat uns im unübersichtlichen Menschenauflauf nahe des Senso-ji wie durch ein Wunder gefunden - und das alles nur um zu fragen, wo wir denn eigentlich herkommen. Etwas genervt antwortet ihm Reina und der alte Herr ist zufrieden.
Ob er sich lustig gemacht oder ihm mein Tattoo gefallen hat ist mir eigentlich egal, er war freundlich und ich fand die Begegnung schön.

Begegnung #3
Nachts spricht uns in Akihabara ein westlich aussehender Typ an, und will uns ein Yoga-Abo andrehen. In Wien beschimpfe ignoriere ich solche Typen immer, aber hier hat man irgendwie das Bedürfnis, mit anderen Gaijin ins Gespräch zu kommen, weil man neugierig auf deren Geschichte ist, und das machen wir auch. Er empfiehlt uns einige Bands und wir unterhalten uns über Musik und Japan - er erzählt von seiner Herkunft, seinem früheren Leben in den USA und dass er nun hier in Japan lebt und mit seiner Band in Europa tourt. Nach fast einer halben Stunde verabschieden wir uns und gehen weiter, während der Tscheche weiter versucht, Leuten einen Flyer mitzugeben.
Irgendwie schön, wie einfach es ist, mit Ausländern in Japan ein Gespräch zu beginnen.

Begegnung #4
Wir laufen durch die Tempelanlage des Senso-ji und mein Freund jagt japanische Damen im Kimono, um sie zu fotografieren. Als er eine junge Frau auf Japanisch um ein Foto bittet, erwidert sie auf Englisch "excuse me, do you speak english? I am japanese but I grew up in Chicago, so I basically don't speak my own language." Da mussten wir dann alle drei mal lachen. Natürlich haben wir dann gleich noch Fotos von uns zusammen mit der Dame gemacht.



Begegnung #5
Gleich am ersten Tag besuchen wir mehr oder weniger freiwillig ein Maid Café und werden sofort von unseren Tischnachbarn (beide Japaner) angesprochen. Etwas merkwürdig, da beide locker über 40 sind und ich bisher noch keine so kontaktfreudigen Japaner getroffen habe. Wie dem auch sei - die Dame fragt woher wir kommen, und als mein Freund ihr "Bulgaria" als Antwort gibt, fängt sie an, wie wild mit den Händen zu fuchteln und dem Herrn zu erklären, dass der beste Joghurt aus Bulgarien kommt. Mit Österreich kann sie dann eher weniger anfangen - als wäre das was Neues ;) Der Herr erklärt meinem Freund, dass er mit mir einen tollen Fang gemacht habe, weil mein Tattoo so cool sei, oh, stop it you. Die Dame erzählt, dass sie einen Club in Ueno hat, und wir unbedingt mal vorbeikommen sollen. Sie gibt uns ihre Karte und der Herr schlägt meinem Freund im Vollsuff noch einmal ordentlich auf die Schulter - dann verlassen sie das Café. Kuriose Begegnung, aber schön.

Begegnung #6
Mitten auf der Takeshita Dori stehen wir vor einer Döner Bude (ohne Witz!) und wundern uns, dass es sowas sogar in Japan gibt. In der Schlange steht ein westlich wirkender Typ, der uns sofort auf Englisch anquatscht. Nach etwas Smalltalk finden wir heraus, dass er Deutscher ist, und wir unterhalten uns weiter auf Deutsch. Er erzählt von seinen Erlebnissen in Japan und wir tauschen uns ein wenig aus. Nachdem er seinen Döner verputzt hat, macht er sich wieder auf den Weg und wir ebenso. Wie die gute alte Döner Bude alles was Deutsch spricht überall auf der Welt zusammenbringt ;)

Begegnung #7
Kurzer Schwenk in die Vergangenheit. Seit ich Instagram benutze, folge ich einem Mädchen mit dem IG-Namen kaia_willowleaf
Vor ein paar Monaten hat sie damit begonnen, Bilder aus Tokyo hochzuladen, und ich habe ihr geschrieben, dass ich auch bald dort sein werde. Ihr Kommentar darauf war wie folgt: "maybe we'll run into each other there, would be fun". Und nun wieder zurück in die Zukunft. Wir stehen also vor dem Bahnhof in Shinjuku, einem der verkehrsreichsten Bahnhöfe der Welt, zur Rush Hour, und ich erblicke ein Mädchen mit blau-grünen Haaren. Nach einigem Zögern gehe ich auf sie zu und unser Gespräch verläuft wie folgt:
ICH: Hey, do you have an Instagram account?
SIE: Yeah, I do?
ICH: You're not living in Tokyo, right?
SIE: Umm, riiiight?
ICH: I guess you're the girl which I'm following since a very long time, I told you that I'll come to Tokyo too and you answered that it would be fun running into each other.
SIE: OH MY GOD, are you hyruleprincess???