Sonntag, 6. April 2014

Enttäuschungen


Hallo ihr Lieben :)

Der Post ließ jetzt ziemlich lange auf sich warten, aber ich habe einfach nicht die richtigen Worte gefunden, um alles so auszudrücken, wie ich es meine.
Nun möchte ich euch gerne erzählen, was mich an Japan schlussendlich so enttäuscht hat...
Wahrscheinlich findet ihr nämlich, dass die Schilderungen meiner Reise gar nicht so negativ klingen, oder?
Und vielleicht fragt ihr euch, was ich denn noch auszusetzten habe, wenn doch eh alles so gut gelaufen ist?
Die Antworten bekommt ihr, wenn ihr geduldig genug seid, um alles zu lesen :)

Gleich zu Anfang: ich habe die Reiseberichte 3 Monate nach meiner Rückkehr verfasst, und mittlerweile ist ein bisschen Gras über die ganze Sache gewachsen - ich sehe die Dinge also etwas anders als zuvor.
Natürlich habe ich mich sehr genau an meine Notizen, die ich in Tokyo gemacht habe, gehalten, jedoch habe ich den ein oder anderen Wutausbruch dann doch nicht in Worte gefasst.


1. Das Heimweh
Seit ich denken kann, habe ich Heimweh - für mich ist es einfach schrecklich, nicht in meiner gewohnten Umgebung zu sein, auch wenn ich mir sehr wünsche, mich an fremden Orten auch wohl zu fühlen.
Auch wenn ich eigentlich vor hatte, in Japan etwas mehr zu mir selbst zu finden, war (zumindest mir) von vorne herein klar, dass ich das nicht so ganz umsetzen kann, wie erhofft.
Auch wenn ich es manchmal verdränge, ich bin einfach kein Mensch, der alleine sein kann.
Eine Eigenschaft, an der ich mit 22 Jahren wirklich langsam arbeiten sollte, und das tue ich auch, denn ich kann mich schließlich nicht mein gesamtes Leben lang so stark an alles Gewohnte klammern - irgendwann muss auch mal gut sein :)

2. Die Japaner
In unzähligen Blogs habe ich darüber gelesen, wie freundlich die Japaner sein sollen, und dass sie einem auch ohne Aufforderung sofort helfen, wenn man sichtlich verwirrt in der Shibuya Station steht.
Auch dass vor allem die jungen Leute viel Interesse an Ausländern zeigen und Kontakte knüpfen wollen, ist mir ganz und gar nicht aufgefallen.
Vielleicht lag es auch an meinen orangen Haaren und dem Septum, aber wenn ich an die Leute in Harajuku denke, dann verstehe ich nicht, was an mir so abnormal sein soll.
Leider musste ich feststellen, dass die meisten Japaner, die ich um Hilfe gebeten habe, mit den Worten "English? No, no" davongelaufen sind.
In der U-Bahn waren die Plätze links und rechts neben mir leer, egal wie voll die Bahn auch war, und das habe ich als sehr unangenehm und auch irgendwie verletzend empfunden, vor allem wie ich angestarrt wurde.
Wahrscheinlich wäre mir das nicht so sehr aufgefallen, wäre ich mit einer anderen Person gereist - man redet halt schließlich miteinander und achtet nicht so sehr auf seine Umgebung.
Was ich mir nicht erklären kann ist, dass vor allem ältere Menschen (so um die 60-70) versucht haben, mir zu helfen, auch wenn deren Englisch noch wundersamer ist, als das der jungen Leute.
Mein Freund hat mich dann aber auf eine sehr simple Theorie gebracht.
Wenn ich beispielsweise am Westbahnhof in Wien nach dem Weg frage, werden sich weniger Leute dazu bereit erklären, mir zu helfen, als in einer kleinen Stadt - auch wenn die Leute hier vielleicht gar nicht bis wenig Englisch können, da die Menschen einfach herzlicher und nicht so gestresst sind.
Hätte ich einen täglichen Weg von 2 Stunden zur Arbeit und selbigen dann abends wieder retour, würde ich wahrscheinlich auch nicht mehr genügend Nerven übrig haben, um jemand den Weg zu zeigen, in einer Sprache, die ich ohnehin nur sehr schlecht spreche - angeborene Höflichkeit hin oder her.


3. Die Sprache
Ursprünglich wollte ich ja damit anfangen, konsequent Japanisch zu lernen, um mich besser mit den Leuten unterhalten zu können.
Seit meiner Rundreise vor mittlerweile 8 Jahren habe ich davon geträumt, zurück nach Japan zu kommen und auch mein Japanisch unter Beweis zu stellen.
Spätestens im Flugzeug hat es mich dann sehr geärgert, dass mein Wortschatz nur aus "konnichiwa" und "sayonara" besteht - reine Faulheit, denn ich bin sprachlich sehr begabt und ich hätte es in den 8 Jahren bestimmt leicht geschafft, mehr oder weniger fließend Japanisch zu sprechen.
Im Dezember konnte ich auch noch nicht wissen, dass sich mir so bald wieder die Chance bieten würde, nach Tokyo zu fliegen, und so waren die Träume vom Japanisch-Sprechen fürs erste zerstört, und ich war selbst daran schuld, was mich wahrscheinlich am meisten geärgert hat.
Ich liebe den Klang von Japanisch - und ich denke, dass mich die Tatsache, keine kleinen Erfolgserlebnisse im Verstehen oder Sprechen zu haben, mehr gestört hat, als die fremde Sprache um mich herum.
Ich bin mir außerdem ziemlich ignorant (irgendwie nicht das richtige Wort...) vorgekommen, weil ich meiner Freundin Reine erzählt habe, wie sehr ich Japan liebe und wie lange ich mich schon damit beschäftige, und dann doch einfach zu faul war, zumindest ein paar einfache Sätze zu lernen.


4. Die hohen Erwartungen
Ein sehr ausschlaggebender Punkt, finde ich.
Nach Digimon, Dragonball, Sailor Moon und vielen anderen Serien bildet sich nach und nach eine Meinung zu Japan, ob bewusst oder unbewusst.
In diesen Serien werden Realität und Fiktion so stark miteinander verknüpft, dass man als Kind zwar (vielleicht) einen Unterschied erkennt, das Unterbewusstsein jedoch beide Faktoren als Einen verarbeitet.
Studio Ghibli setzt noch einen drauf und stellt das ganze Land dann als noch mystischer und wundersamer dar, als es eigentlich ist, zumindest in Chihiros Reise ins Zauberland und Prinzessin Mononoke.
Natürlich weiß ich, dass in Japan keine Pokémon herumrennen oder Ähnliches, aber trotzdem sitzt ganz tief in mir eine Vorstellung von diesem Inselstaat, die ich seit Kindestagen mit mir herumtrage.
Meine Mama hat gemeint, dass ich nun erwachsen sei und mich halt damit abfinden müsse, dass das alles doch nicht so ist, wie ich dachte.
Aber ich kann mich einfach nicht damit abfinden, dass ich das alles mit 14 Jahren noch als so wundersam und einzigartig empfunden habe, und jetzt nicht mehr.
Ich will das auch jetzt nicht einsehen, denn mittlerweile habe ich meine eigenen Antworten gefunden.
Wenn ich mich recht erinnere, hat mich Tokyo 2006 wenig begeistert, zumindest was das "alte, spirituelle" Japan angeht.
Natürlich war die Stadt auch damals schon der Knaller und nicht viele Großstädte können mit der Vielfalt Tokyos mithalten.
Was mich damals am meisten berührt hat, war definitiv Kyoto mit seinen verwinkelten Gassen, das ursprüngliche Bergdorf Takayama und last but not least: die Insel Miyajima vor Hiroshima, deren Schönheit ich kaum in Worte fassen kann.
DAS ist das Japan, so wie ich es mit immer vorgestellt habe, und ein eher enttäuschender Aufenthalt in Tokyo kann daran nichts ändern, hoffe ich zumindest.
Ich bin mir diesmal auch darüber im Klaren, dass ich nach TOKYO fliege, und nicht in irgendeinen spirituelleren Ort in Japan.
Wahrscheinlich haben die Jahre voller Sehnsucht meine Vorstellungen zu sehr beeinflusst, und ich arbeite mit Hochdruck daran, diesmal alles etwas weniger naiv zu sehen.
Also drückt mir die Daumen (^o^)


5. Die Jahreszeit
Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass die Jahreszeit etwas zu meinem Missfallen an Japan beigetragen hat.
Wenn ihr das Wort Japan hört, woran denkt ihr dann?
Also ich denke an rote Tempel, den Fuji, Anime und Kirschblüten.
Natürlich wusste ich, dass der Dezember nicht der beste Monat ist, um nach Tokyo zu fliegen, und ich wusste auch, dass es um diese Jahreszeit keine blühenden Kirschbäume gibt - leider war der Flug halt nur in diesem Zeitraum so günstig und meine Sehnsucht sehr groß.
Auch wenn ich ziemlich überrascht von dem herbstlichen Wetter war, war es trotzdem nicht die beste Jahreszeit für mich.
Diesen Punkt finde ich nur wenig ausschlaggebend, doch meiner Ansicht nach ist die "falsche" Jahreszeit der Punkt, der das sehr volle Fass dann doch zum Überlaufen brachte.


Vielleicht gibt es unter euch auch jemanden, der in Japan war und enttäuscht wurde.
Und vielleicht wird es irgendjemandem von euch auch mal so oder so ähnlich gehen wie mir.
Deshalb hoffe ich, einigen mit diesem Post weiterzuhelfen, oder euch einfach nach langem auf-die-Folter-spannen endlich zu erklären, was mich dann schlussendlich gestört hat.

Ich freue mich unendlich darauf, im Mai gemeinsam mit meinem Freund die Stadt Tokyo erkunden zu können, denn ich bin dieses Mal nicht alleine und die Jahreszeit ist auch eine bessere.
Einerseits bin ich sehr traurig, dass mir Japan (zumindest Tokyo) gezeigt hat, wie es wirklich ist, und ich mich deshalb gegen ein Japanologie-Studium entschieden habe - aber andererseits bin ich froh, das jetzt gesehen zu haben, und nicht erst im vierten Semester beim Auslandsjahr - kurz vor Studienabschluss.
Ich bin nun trotzdem schon fleißig am Japanisch-Lernen, kann schon fast alle Hiragana lesen und befasse mich sehr intensiv mit der Grammatik, damit ich diesmal auch wirklich einige kleine Erfolgserlebnisse habe, und sei es, dass ich nach einer Toilette fragen kann (ja, das Wichtigste lernt man zuerst xD).
Zwar erwische ich mich oft wieder dabei, wie ich Japan in übertriebenem Ausmaß vergöttere, aber ich bin zuversichtlich, dass ich dieses Mal nicht enttäuscht werde, weil ich jetzt weiß, was mich erwartet.

Diesen Post zu verfassen ist mir sehr schwer gefallen.
Ich öffne mich vor all meinen Lesern, wie ich mich nicht einmal vor meiner Familie geöffnet habe.
Aber der erste Schritt zur Besserung ist bekanntlich die Einsicht :)



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